1. Heldenbuch-Ausgabe

[Straßburg: Johann Prüss, 1479]


Titelholzschnitt (Bl. 1v)
Der Erst-Druck des Straßburger Heldenbuchs gehört zu den wichtigsten Werken der deutschen Buchdruckerkunst überhaupt. Das Buch enthält die Texte 'Ortnit', 'Wolfdietrich', 'Rosengarten', 'Laurin' und die 'Heldenbuchprosa'. Als Textvorlage diente primär das (verlorene) Original des Straßburger Heldenbuchs, das um etwa 1476-1479 auch von Diebolt von Hanowe für die handschriftliche Redaktion des Straßburger Heldenbuchs benutzt wurde. Daneben wurden aber noch einige weitere Vorlagen eingearbeitet.

Das Buch ist mit 282 Blättern (38 Zeilen je voller Spalte) relativ umfangreich und mit 230 Holzschnitten - die über die gesamte Satzspiegelbreite gehen - sehr reich bebildert. Der Text wurde sprachlich (oberrheinische Druckersprache) und z.T. metrisch (Heunenweise in 'Ortnit', 'Wolfdietrich' und 'Rosengarten') überarbeitet. Die Holzschnittserie (von 156 verschiedenen Druckstöcken) wurde großteils eigenständig für den Druck konzipiert - z.T. unter Benutzung von Bilderhandschriften. Ein zwei Mal verwendeter Druckstock stammt aus Prüss' Druck des 'Peter von Staufenberg'; fünf Druckstöcke - darunter das Titelbild - scheinen aus Fecht- und Turnierbüchern übernommen worden zu sein. Es gibt zwei Varianten dieser Ausgabe: mit der 'Heldenbuchprosa' als Schluss- bzw. Anfangstext.

A) Exemplare

Nr. Ort Bibliothek Signatur Einband Erwerbung Besitzer
1 Berlin Staatsbibliothek 4° Inc. 2377 Kalbsleder (15. Jh.) 1836 Karl Ferdinand Friedrich von Nagler (1770-1846)
2 Colmar Stadtbibliothek CG 11620 [defekt] Schweinsleder (16./17. Jh.) 1792 Bibliothek Ludwig [?]
3 Darmstadt Universitäts- und Landesbibliothek Inc. III/27 Pergament (1981) 1669 Johann Michael Moscherosch (1601-1669)
4 Göttingen Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek 4° P. Germ. I, 2140 Inc. Rara Kalbsleder (15. Jh.; im 20. Jh. ergänzt) 1771 Gottfried Thomasius (1660-1746)
5 Hildesheim Stadtarchiv - Wissenschaftliche Bibliothek XII Bb 60 4° Pergament (18. Jh.) 1850 Hermann Adolf Lüntzel (1799-1850)
6 Paris Bibliothèque nationale de France Rés. m. Yh. 8 [defekt] brauner Maroquin (1858) 1923 Clemens Brentano (1778-1842); Friedrich Heinrich von der Hagen (1780-1856); Salomon de Rothschild (1835-1864); Adèle de Rothschild (1843-1922)
7 Rudolstadt Historische Bibliothek 2° Inc. Nr. 31 [defekt] Halbleder und Marmorpapier (17./18. Jh.) 1804 Karl Gerd von Ketelhodt (1738-1813)
  *Breslau Privatbesitz Johann Ernst Beinling --- [defekt] --- vor 1855 Johann Friedrich Unger (1750-1804); Fa. Chr. Ludwig Neuber, Berlin (1805); Friedrich Heinrich von der Hagen (1780-1856); Johann Ernst Beinling, Breslau
  *Jüchen Schloss Dyck --- [2 leere Zusatzblätter] Ziegenleder (15. Jh.) 16. Jh.  Grafen bzw. Fürsten Salm-Reifferscheidt, Jüchen (16.-20. Jh.);  Auktionshaus Christie's, London (1991); Antiquariat H.P. Kraus, New York (1993); europäischer Privatsammler (1994-2002); Antiquariat Dr. Jörn Günther, Hamburg (2002); europäischer Privatsammler; Auktionshaus Christie's, London (2016)
  *Regensburg Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek Inc. 257 [defekt] Leder spätestens Ende 19. Jh. ---
  *Schweinfurt Bibliothek Otto Schäfer II/215 (Akz.-Nr.: OS 1230) [defekt] Kalbsleder (15. Jh.) 1982 Freiherrn von Loë, Wissen (19. Jh.); Antiquariat Helmuth Domizlaff, München (1982); Bibliothek Otto Schäfer (1982-2014); Antiquariat Dr. Jörn Günther, Sarnen/Basel (2014-2017)

Das schwer defekte Heldenbuch im Privatbesitz Unger/Hagen/Beinling wird zuletzt 1855 in Breslau erwähnt (Hagen: Heldenbuch, Bd. 1, Leipzig 1855, S. LXXX). Meines Wissens ist es seither nicht mehr aufgetaucht. Fünf Blätter dieses Exemplars befinden sich heute im Exemplar Paris. - Das Exemplar aus Jüchen wurde zuletzt 2016 vom Auktionshaus Christie's (London) verkauft. - Das Regensburger Exemplar ist (zusammen mit anderen Inkunabeln) seit dem 2. Weltkrieg verschollen. Wahrscheinlich sind die Einzelblätter der 'Fragmentgruppe 1954' Überreste dieses Exemplars.- Das Schweinfurter Exemplar wurde 2014 vom Antiquariat Dr. Jörn Günther (Sarnen/Basel) zum Verkauf angeboten und gelangte 2017 in Privatbesitz.

B) Einzelblätter

Nr. Ort Bibliothek Signatur Erwerbung Besitzer
a Augsburg Staats- und Stadtbibliothek Graph. 29/228 [1 Bl.] vor 1906 ---
b Cambridge, MA Harvard College Library - Houghton Library p Typ Inc 511.5 [8 Bll.] 1984 Philip Hofer (1898-1984)
Claremont Pomona College - Montgomery Gallery P59.181 [1 Bl.] 1959 John H. Culley (1864-1954)
Fribourg Musée Gutenberg --- [1 Bl.] --- ---
Karlsruhe Staatliche Kunsthalle - Kupferstichkabinett 1954-16; 1960-9 bis 1960-13 [6 Bll.] 1954 und 1960 Fa. Klipstein & Co., Bern (Auktion 11.03.1954) bzw. Antiquariat Helmuth Domizlaff, München
New York Morgan Library ChL 137T 2017 Sammler an der US-Westküste; William Hutchinson (Antiquar); William M. Voelkle (bis 2017)
San Francisco Fine Arts Museums 1975.1.73 bis 1975.1.78; 1991.1.184 [7 Bll.] 1975 und 1991 Ruth Haas Lilienthal (1891-1975) bzw. Marguerite und John Ihle (1926-2003)
Straßburg National- und Universitätsbibliothek K.1.891 [1 Bl.] 2005 Hartung & Karl, München (verk. Auktion 51 - 13.-16.05.1986); Antiquariat Dr. Walter Eichenberger, Beinwil; Hartung & Hartung, München (verk. Auktion 112 - 08.-10.11.2005)
c Frankfurt am Main Universitätsbibliothek eingeklebt in: Inc. qu. 782 [1 Bl.] Altbestand Ratsbücherei Frankfurt am Main
München Bayerische Staatsbibliothek eingeheftet in: 2° Inc. c. a. 745 [2 Bll.] ca. 1803 Chorherrenstift Dießen

Das Blatt in Augsburg ist der Überrest eines eigenen Heldenbuch-Exemplars mit zwei kolorierten Holzschnitten. - Zu einem anderen zerlegten Exemplar gehören die unter b angeführten 26 Einzelblätter sowie zahlreiche Einzelblätter in Privatbesitz (41 weitere Blätter sind mit Sicherheit nachzuweisen). Alle bislang aufgetauchten Blätter sind Einzelblätter mit kolorierten Holzschnitten. Die Blätter dieser 'Fragmentgruppe 1954' (in diesem Jahr lässt sich die erste Auktion nachweisen) sind vermutlich die Überreste des verschollenen Exemplars aus Regensburg (Inc. 257). - Die Blätter in Frankfurt und München sind (ursprünglich unbeschnittenes) Ausschusspapier, das bereits im 15. Jahrhundert auf die Deckelinnenseiten von Inkunabeln geklebt wurde.

 


 

2. Heldenbuch-Ausgabe

Augsburg: Johann Schönsperger, 1491


Neuer Holzschnitt zu 'Wolfdietrich' (Bl. 32r)
Der Zweitdruck ist mit nur zwei bekannten Exemplaren eine absolute Rarität. Schönsperger übernahm weitgehend unverändert die Bildanordnung aus dem Druck von 1479, produzierte die (meist seitenverkehrten) Nachschnitte aber nur in der Breite von einer Spalte. Dadurch - und durch die Erhöhung der Zeilenzahl auf 42 - konnte die Anzahl der Blätter auf (ursprünglich) 212 reduziert werden (das Titelblatt fehlt in beiden Exemplaren). Anders als in der ersten Ausgabe, wurden die Initialen und Strophenbezeichnungen gleich mitgedruckt. Alle Holzschnitte der beiden Exemplare sind koloriert.

A) Exemplare

Nr. Ort Bibliothek Signatur Einband Erwerbung Besitzer
1 München Bayerische Staatsbibliothek 2° Inc. c. a. 2575 [defekt] Schweinsleder (16. Jh.) 1802 "K.L.B."; Franziskanerstift Straubing
2 Oxford Bodleian Library Inc.d.G5.1491.1 [defekt] Ziegenleder (nach 1840) 1979 Fa. Davis & Orioli, London (1951); Theodore Besterman (1904-1976)

B) Einzelblätter

Nr. Ort Bibliothek Signatur Erwerbung Besitzer
a Praha Národní knihovna Ceské republiky 60640 [2 Bll.] 2009 Franziskanerkloster Eger (Böhmen)

Bei den Prager Blättern handelt es sich offenbar um Ausschusspapier (Probedruck oder Korrekturabzug), da jeweils nur eine Seite bedruckt ist (Bll. 47v und 48r = h iii [verso] und h iiii [recto]).

Hauptseite 1479 1491 1509 1545 1560 1590
Laurin (1500 - ca. 1560)

24.10.2020